Das Mädchen versucht, sich die Menschen vorzustellen, die, ja – was genau tun? Um diesen Weihnachtsbaum herum sitzen? Packen sie Geschenke aus, die in dieses schöne Geschenkpapier eingepackt sind, mit Rentieren und Weihnachtsmännern und Schneeflocken bedruckt? Sitzen sie um einen Tisch herum, essen sie, lachen sie, beten vielleicht? Wie lange kann man das, essen? Worüber sprechen sie, über Jesus? Und was machen sie nach Heiligabend, was machen sie in den kommenden zwei Tagen, die man, das weiß das Mädchen, Weihnachtsfeiertage nennt?
Ein Mädchen beobachtet zur Weihnachtszeit mit stillem Erstaunen, wie Klassenkameraden, Nachbarn und die Welt um sie herum in unerklärte Geschäftigkeit verfallen. Wie selbstverständlich wird da gebastelt, verpackt, geschmückt und gefeiert. Was genau, traut sich das Mädchen nicht zu fragen.
Lena Gorelik erzählt schnörkellos empathisch vom Versuch eines Kindes aus einer russischen, jüdischen Familie, sich in der neuen Heimat Deutschland zurechtzufinden, sich anzupassen und dabei selbst treu zu bleiben. Und sie erzählt von einer Erwachsenen, die sich an den harten Versuch erinnert, von der Minderheit in die Mehrheit aufzusteigen, vom Trost der Einsicht, dass auch andere anders sind und von dem Leben, das daraus erwächst.